Fristlos gekündigt bei Gestank

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Es handelte sich zunächst um den traurigen Routinefall: eine Wohnung wurde behördlich geöffnet. Dabei traten die verwesten Überreste eines älteren Herrn zu Tage. Ich führte die Leichenschau durch. Und die Leiche wurde abtransportiert.

In Gesprächen mit Nachbarn erfuhr ich, dass es schon lange unerträglich roch. Und Fliegen waren allgegenwärtig. Viele Wochen, gar Monate schon, war es in den Fluren und im Treppenhaus nicht auszuhalten. Und dieser Verwesungsgeruch zog folglich auch in die anderen Wohnungen. Es handelte sich um einen Wohnblock mit 30 Wohneinheiten.

Mieter beschwerten sich bei der Hausverwaltung. Doch diese unternahm zunächst nichts. Zuletzt lagen Mieter und Vermieter im Streit. Einige Mieter kündigten fristlos und zogen überstürzt aus.

Anscheinend ging niemand der Ursache des Gestanks auf den Grund. Und auch der Insektenbefall machte niemand stutzig. Jedenfalls kam niemand auf die Idee, die Behörden zu informieren.

Erst nachdem Streit eskaliert und Mieter ausgezogen waren, wurde nachgeforscht. Niemand war aufgefallen, dass der freundliche Nachbar nicht mehr auftauchte und in seiner Wohnung verweste.

Stefan Hartl

Jahrgang 1979. 2 Kinder. Arzt seit 2006. Facharzt für Anästhesie, Notfallmedizin, Suchtmedizin, Reisemedizin. Freiberufliche Tätigkeit, u.a. als Leichenschauer, seit 2006. Interessen: Literatur, Reisen.

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